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Millionenschaden bei Brand in Elbenberg
Feuer greift von Werkstatt auf Wohnhaus und zwei Scheunen über
Fast 35 Jahre haben die Bächts an ihrem Traumhaus gearbeitet, haben aus dem alten Hof von 1819 am Rand des Naumburger Stadtteils Elbenberg ein Schmuckstück gemacht. „Da sind so viele liebevoll ausgearbeitete Details reingekommen“, sagt Steinmetzmeister Uwe Bächt. Am Samstagvormittag hat sich vieles von dem in Rauch aufgelöst.
Es sprach eigentlich alles für ein entspanntes, glückliches Wochenende. Uwe Bächt und seine Frau Birgit hatten am Freitagabend in Fritzlar zu einer kulturellen Veranstaltung eingeladen, übernachteten auch dort, und Sohn Paul feierte zuhause auf dem Bächtschen Hof seinen 26. Geburtstag.
Am Samstagvormittag dreht sich das Glück. Gegen 11 Uhr gehen Paul Bächt und seine Freundin aus dem Haus, um draußen noch aufzuräumen und die Enten und Hühner neben der Werkstatt, die sich an das Wohnhaus anschließt, zu füttern. Oberhalb der Sägehalle entdeckt der 26-Jährige Rauch. Aus einem der Dachfenster qualmt es. Er rennt hoch, um nachzusehen. „Ich bin rein, und dann war da eine Feuerwand drin“, erzählt er noch sichtlich geschockt.
Die Freundin wählt die 112 und alarmiert die Feuerwehr. Da ist es 11.10 Uhr. Dann hält sie mit ihrem Handy fest, wie innerhalb kürzester Zeit die Flammen unterm Dach in Richtung Wohnhaus rasen. „Das ging schlagartig. Der Dachstuhl brannte dann auch schon lichterloh“, sagt sie. Paul Bächt eilt ins Haus, holt die Schlüssel für die Fahrzeuge. Die beiden schaffen sie aus dem WerkstattTrakt. Mit Hubwagen und Gabelstapler werden noch die Dieselfässer und Gasflaschen aus der Gefahrenzone gekarrt. „Auch mit Hilfe der Nachbarn“, wie Bächt Junior sagt. „Da waren schnell zehn Leute da. Das war eine super Unterstützung.“
Mit dem Gartenschlauch ist da nichts mehr zu retten, wird beim Blick auf die Flammen klar. Hier kann nur noch die Feuerwehr helfen. Um 11.12 Uhr heulen in Naumburg und den Stadtteilen die Sirenen. Von der Naumburger Kernstadt aus kann Stadtbrandinspektor Thomas Heger schon die mächtige Qualmwolke über Elbenberg sehen. Er fordert noch auf der Anfahrt zwei weitere Drehleitern an. Die Wolfhager Wehr ist mit ihrer Leiter und dem dazugehörigen Löschwassertanker schon auf dem Weg nach Elbenberg. Baunatal und Fritzlar werden mit ihren Drehleitern und ebenfalls dem jeweiligen wassertragenden Fahrzeug von der Leitstelle in Marsch gesetzt.
Die ersten Einsatzkräfte kommen an, „aber dann gab es hier erst mal Wassernot“, beschreibt Paul Bächts Freundin ihren Eindruck. Der Wasserbedarf sei tatsächlich sehr hoch gewesen, erklärt Stadtbrandinspektor Heger: „Wenn ich mehrere Brandabschnitte habe, dann kommt das öffentliche Wassernetz irgendwann an seine Kapazitätsgrenze.“ Und tatsächlich gilt es nicht nur auf dem Areal der Bächts zu löschen, wo die Flammen schon ins Haus gezogen sind. Auch zwei benachbarte Scheunen haben Feuer gefangen. Hier wird Löschwasser benötigt, aber vor allem auch für das Abschirmen angrenzender Gebäude.
Eine Versorgungsleitung wird zum Elbebach aufgebaut, und weitere Feuerwehren werden zur Unterstützung mit ihren Tanklöschfahrzeugen angefordert. Sachsenhausen rückt an, dazu Edertal, und die Bad Arolser Brandschützer kommen mit ihrem Tanker. Außerdem werden zwei Landwirte mit Schleppern und Tankwagen in die Versorgungskette eingebunden. Aufgefüllt wird an Hydranten am Klärwerk.
Der Teleskopgelenkmast der Werkfeuerwehr von Mercedes in Kassel, der eine ähnliche Plattform wie die Drehleitern hat, aber deutlich flexibler ist als eine Leiter, ist auf dem Weg nach Elbenberg, die Bad Wildunger Wehr rückt mit einer Schlauchreserve an, die Berufsfeuerwehr Kassel mit einem Atemschutzcontainer. Insgesamt sind letztlich 160 Feuerwehrleute in Elbenberg im Einsatz.
Als Uwe und Birgit Bächt eintreffen, steht der Dachstuhl ihres Hauses in Flammen. Das Entsetzen ist ihnen ins Gesicht geschrieben. „Die Feuerwehrleute sind alle sehr verständig und mitfühlend“, sagt der 59-Jährige. Und mit Blick auf das Wohnhaus: „Ich bin auch dankbar, dass noch was stehen bleibt, dass wir es aufbauen können und nicht abreißen müssen. Auch wenn das locker zwei Jahre dauern wird.“
Man werde jetzt erst mal bei Uwe Bächts Bruder wohnen. „Ganz viele Freunde haben uns Unterkunft angeboten. Es gibt sehr viel emotionalen Rückhalt.“
Wie die Werkstatt mehr und mehr in sich zusammensackt, das mit viel Liebe kernsanierte Wohnhaus leidet, das treibt dem Handwerksmeister die Tränen in die Augen. „Es ist bitter. Alles weg.“ Die Firma wird gerade zu Asche. „Wir haben nichts mehr, keine Maschinen, kein Werkzeug. Ich kann nichts machen.“ Außer ihm und seinem Sohn sind noch drei Mitarbeiter im Betrieb. Vielleicht lasse sich ja in einer Scheune schräg gegenüber ein Provisorium einrichten, murmelt er.
„Das Gröbste ist geschafft“, sagt Einsatzleiter Thomas Heger gegen 14 Uhr. Zu tun haben die Feuerwehrleute dennoch bis in die Nacht. Immer wieder lodern Glutnester auf. Am Sonntag wird die Brandwache um 7 Uhr abgelöst. Die Experten der Kripo werden zur Ermittlung der Brandursache erwartet.
Die Werkstatt und eine große Scheune sind komplett niedergebrannt, das Wohnhaus der Bächts und eine weitere Scheune in der Nachbarschaft sind schwer beschädigt. Den Gesamtschaden schätzt die Polizei auf eine Million Euro.
Noch am Nachmittag erklärt Naumburgs Bürgermeister Stefan Hable, man werde seitens der Stadt ein Spendenkonto zur Unterstützung der Familie Bächt einrichten.
Bericht: HNA Online vom 16. Oktober 2023